10 Jahre Umweltzonen in Deutschland – Ein Rück- und Ausblick

Seit zehn Jahren sollen Umweltzonen dazu beitragen, Feinstaubemissionen in der Luft zu verringern. Dabei muss das Umweltbundesamt aber auch Rückschläge hinnehmen.

19.06.2018

10 Jahre Umweltzonen in Deutschland
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1. Was ist eine Umweltzone?

Seit der Einführung 2008 muss jeder PKW und jeder LKW eine Umwelt-Plakette vorweisen. Diese entscheidet dann in den Umweltzonen, ob die Fahrzeuge bestimmte Abgasstandards erfüllen und dort fahren dürfen. Schadstoffemissionen, welche durch den Verkehr verursacht werden, sollen so eingeschränkt werden. Primär soll dies helfen, die Stickoxide zu mindern, um die lokale Luftqualität zu erhöhen. Mit der am 31. Januar 2018 errichteten Umweltzone in Limburg an der Lahn gibt es 58 Umweltzonen in Deutschland. Außer in Neu-Ulm, wo noch die gelbe Plakette erlaubt ist, sind die anderen Zonen nur mit grüner Plakette befahrbar.

Die Einführung zeigt bereits Wirkung: In den errichteten Gebieten wurde eine deutliche Reduzierung des Feinstaubgehalts festgestellt. Weitere Zonen sind zudem in Deutschland in Planung. Für die Einrichtung der Umweltzonen sind die Städte verantwortlich. Sie können Gebiete ausweisen, bei denen eine Durchfahrt nur eingeschränkt erlaubt ist. Zudem sind sie in der Lage Fahrverbote, beispielsweise für bestimmte Klassen von Dieselfahrzeuge auszusprechen.

2. Die verschiedenen Plaketten und deren Anforderungen

PKW, Busse und LKW müssen einer Schadstoffgruppe zugeordnet werden. Kraftfahrzeuge, Arbeitsmaschinen, land- und forstwirtschaftliche Maschinen, Motorräder, Oldtimer, Behinderten-Kraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge mit Sonderrechten sind davon hingegen ausgenommen. Die anderen Fahrzeuge werden nach einem Emissionsschlüssel eingeteilt, welchen Sie in den Fahrzeugpapieren finden. So werden andere Wagen den Schadstoffgruppen zugeordnet:

Bei den Umweltzonen wird in vier Schadstoffgruppen unterschieden. Grundsätzlich gilt: Je geringer die Emissionen ausfallen, desto höher ist die Schadstoffgruppe. KFZ der Gruppe 1 bekommen gar keine Plakette. Die restlichen drei Gruppen werden durch Plaketten in Rot, Gelb und Grün unterschieden, die sich nach der Schadstoffgruppe richten. Diesel-PKW, Diesel-LKW und Busse können mit einem Rußpartikelfilter nachgerüstet werden, wodurch sich der Emissionsausstoß verbessern lässt. So darf auch eine höhere Schadstoffgruppe zugeteilt werden. Für nachgerüstete Fahrzeuge gelten weitere Emissionsschlüssel, die Sie in TÜV-Listen überprüfen können.

Hier finden Sie eine Übersicht der Plakettenarten und deren Anforderungen der Eurogruppen (Schadstoffklassen) für Diesel und Benziner.

Schadstoffgruppe: 1

  • Plakettenfarbe: Keine Plakette
  • Anforderungen Dieselfahrzeug: Euro 1 oder schlechter
  • Anforderungen Benziner: Ohne geregelten Katalysator nach Anl.XXIII StVZO
  • Emissionsschlüssel: -

Schadstoffgruppe: 2

  • Plakettenfarbe: Rot
  • Anforderungen Dieselfahrzeug: Euro 2 / Euro 1 + Partikelfilter
  • Anforderungen Benziner: -
  • Emissionsschlüssel:
    Diesel: Nummer 25-29, 35, 41, 71
    LKW: ab 20-22, 33, 43, 53, 60, 61

Schadstoffgruppe: 3

  • Plakettenfarbe: Gelb
  • Anforderungen Dieselfahrzeug: Euro 3 / Euro 2 + Partikelfilter
  • Anforderungen Benziner: -
  • Emissionsschlüssel:
    Diesel: 30, 31, 36, 37, 42, 44-52, 72
    LKW: 34, 44, 54, 70, 71

Schadstoffgruppe: 4

  • Plakettenfarbe: Grün
  • Anforderungen Dieselfahrzeug: Euro 4 / Euro 3 + Partikelfilter
  • Anforderungen Benziner: Mit geregeltem Katalysator nach Anl.XXIII StVZO Euro 1 + besser
  • Emissionsschlüssel:
    Otto/Gas: 01, 02, 14, 16, 18-70, 71-75, 77
    PKW: 32, 33, 38, 39, 43, 53-70, 73-75
    LKW:
    Otto: 30-55, 60, 61, 70-91
    Diesel: 35, 45, 55, 80, 81, 83, 84, 90, 91

3. Wo und wie lange gilt die Plakette?

In jeder Umweltzone einer deutschen Stadt gelten die Feinstaubplaketten. Es existieren jedoch in Bezug auf die Plakette lokale Abstufungen, was die Befahrbarkeit der Umweltzonen betrifft. Mit einer grünen Plakette ist die Einfahrt in eine Umweltzone in allen deutschen Städten erlaubt. Die gegenseitige Anerkennung einer Plakette mit anderen Staaten ist zurzeit noch in Bearbeitung.

Die Gültigkeit Ihrer Plakette ist unbefristet. Eine neue Umweltplakette ist nur notwendig, wenn Sie Ihr Fahrzeug ummelden und sich das KFZ-Kennzeichen ändert, da dieses mit der Plakettennummer übereinstimmen muss. Ist bei Ihrem eingetragenen Kennzeichnen allerdings zum Beispiel die Farbe verblasst und die Lesbarkeit nicht gegeben, benötigen Sie ebenfalls eine neue Plakette.

In diesen deutschen Städten gibt es mittlerweile Umweltzonen: Aachen, Augsburg, Balingen, Berlin, Bonn, Bremen, Darmstadt, Dinslaken, Düsseldorf, Erfurt, Eschweiler, Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, Hagen, Halle (Saale), Hamburg, Hannover, Heidelberg, Heidenheim, Heilbronn, Herrenberg, Ilsfeld, Karlsruhe, Köln, Krefeld, Langenfeld, Leipzig, Leonberg/Hemmingen, Limburg an der Lahn, Ludwigsburg, Magdeburg, Mainz, Mannheim, Marburg, Mönchengladbach, Mühlacker, München, Münster, Neu-Ulm, Neuss, Offenbach, Osnabrück, Overath, Pfinztal, Pforzheim, Remscheid, Reutlingen, Regensburg, Ruhrgebiet, Schramberg, Schwäbisch Gmünd, Siegen, Stuttgart, Tübingen, Ulm, Urbach, Wendlingen, Wiesbaden und Wuppertal.

4. Reaktion der Bevölkerung auf die Umweltzonen

In einer Umfrage von 2009 wurden 291 Menschen befragt, wie sie auf die Einschränkungen durch die Einführung der Umweltzonen reagieren. Die meist gewählte Alternative zur normalen Fahrweise ist mit 45 Prozent die Fahrzeit einzuschränken und mit 38 Prozent die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Weitere 30 Prozent nutzen ein Fahrrad oder gehen zu Fuß. 14 Prozent gaben die Nutzung eines anderen Wagens an und 12 Prozent zogen die Anschaffung eines neuen Autos in Betracht. Ganze 13 Prozent gaben an, ein Bußgeld in Kauf zu nehmen.

Bei einer weiteren Umfrage wurden 2017 knapp 900 Deutsche befragt, welche Maßnahmen sie für die Reduzierung der Schadstoffbelastung durch Autos am sinnvollsten halten. 34 Prozent hielten es für sehr sinnvoll, Hybrid- und Elektrofahrzeuge einzusetzen. Für Fahrverbote für PKW mit roter Plakette in Umweltzonen sprachen sich 31 Prozent der Befragten aus. Das Nutzen alternativer Kraftstoffe ist mit 28 Prozent für viele eine weitere Option. Sonntagsfahrverbote hielten jedoch 48 Prozent der Befragten für übertrieben. Ebenso sprachen sich 41 Prozent der Befragten gegen die PKW-Maut auf Autobahnen aus.

Im Jahr 2017 wurden bundesweit 100.000 Fahrer ohne die obligatorische Plakette erwischt. Im Normalfall ist dafür ein Bußgeld in Höhe von 80 Euro fällig. Einige Fahrzeughalter lehnen auch nach zehn Jahren also die Umweltplakette noch ab. Bewiesenermaßen erzielen die Zonen dennoch eine Verbesserung der Stadtluft durch die Verminderungen des Schadstoffausstoßes. Fahrzeughalter mit roter Plakette bemängeln jedoch die Richtlinien, da sie aufgrund von Fahrverboten stark eingeschränkt sind.

5. Ausblick und Fazit

Die bisherigen Erfolge sind beachtlich, allerdings werden die Maßnahmen in Europa insbesondere in Bezug auf Stickoxiden nicht flächendeckend eingehalten. Wie stark der Effekt ausfällt, hängt auch immer davon ab, wie sehr die Kommunen die Einhaltung der Fahrbeschränkungen kontrollieren. Ein Vorzeigebeispiel ist die Stadt Leipzig. Zwei Drittel der Stadt werden von der Umweltzone umfasst und erlauben nur eine Durchfahrt mit grüner Plakette.

Forscher fanden heraus, dass die Feinstaub-Belastung dort zwar nur leicht abgenommen hat, sich dafür aber die gesundheitsschädlichen Partikel um mehr als die Hälfte verringert haben. Zumindest die Zusammensetzung des Feinstaubs hat sich also geändert. Auch wenn Umweltzonen die Luft verbessern sollen, hat dies einer EU-Kommission nicht gereicht. Sie verklagte Deutschland und fünf weitere EU-Länder aufgrund der Überschreitung von Stickoxid-Grenzwerten.

Die EU-Kommission geht davon aus, dass jedes Jahr gut 400.00 Menschen vorzeitig aufgrund von Abgasen sterben.

Und tatsächlich hat sich die Luftverschmutzung durch Stickoxide seit 2010 kaum verändert, was an der erhöhten Anzahl zugelassener Dieselfahrzeuge zwischen 2010 und 2016 lag. Die Bemühungen sollten also auf keinen Fall nachlassen, wenn die Luftqualität zum Wohle der Bürger verbessert werden soll. Das Umweltbundesamt setzt sich für den Erhalt und die Erweiterung der Umweltzonen zur Reduzierung der Schadstoffe ein. Mit folgenden Punkten möchte das Umweltbundesamt zukünftig die Umsetzung des Umweltplans ausbauen und weiterentwickeln:

  • Oberstes Ziel ist die Erweiterung der Kennzeichenverordnung, mit der eine neue, wahrscheinlich blaue Plakette eingeführt werden soll. Als Orientierung bei der Vergabe neuer Plaketten für leichte Nutzfahrzeuge und PKW mit Dieselmotor gelten die geplanten Stickoxid-Abgasstufen für reelle Fahrten auf der Straße.
  • Außer gering emittierenden Elektro-, Hybrid- und Benzinfahrzeugen bekämen dadurch nur noch Dieselwagen mit geringem Stickoxidausstoß eine Erlaubnis, in Umweltzonen einzufahren.
  • Neben den Straßenfahrzeugen werden weitere Emissionsverursacher von den Regelungen betroffen sein. Beispiele sind stationäre Quellen, Binnenschiffe und Baumaschinen.
  • Aus reinen Einfahrtbeschränkungen für den Fahrer sollen auf Städte und Kommunen erweiterte Maßnahmen zukommen. Dabei geht es um Forderungen, welche die Verkehrsmenge reduzieren. Das Verringern des ruhenden Verkehrs steht hier im Vordergrund.
  • Das Umweltbundesamt prüft, inwieweit sich Dieselfahrzeuge mit einer Stickoxid-Minderungsmethode aufrüsten lassen.